100 Jahre Universität Hamburg
Von Horst Szychowiak, Mecklenburgia
Die Vereinigung Hamburger Akademikerverbände (VHA) hat den diesjährigen Verbändekommers am 22. November dem Jubiläum der Hamburger Universität gewidmet.
Die Chargierten von sieben Bünden gaben der Veranstaltung einen beeindruckenden Rahmen. Die bewährte musikalische Begleitung gewährleistete das Blasorchester „Die Elbströmer“. Deutsche Militärmusik erklang schon vor Kommersbeginn und sodann beim Ein- und Ausmarsch der Chargierten.

Der Festredner, Prof. Dr. George Turner, sprach zum Thema „Hochschulreformen und ihre Bedeutung für die studierende Jugend und für studentische Korporationen“. Seine langjährige Erfahrung als Präsident der Universität Hohenheim, als Präsident der Westdeutschen Rektorenkonferenz und als Senator für Wissenschaft und Forschung in Berlin prädestiniert ihn als für dieses Thema besonders ausgewiesenen Fachmann. Als Mitglied des Weinheimer Corps Frisia Göttingen verfügt er über große korporationsstudentische Erfahrung.

Prof. Turner wies auf die kaum zu übersehende Zahl von Hochschulreformen in den vergangenen Jahrzehnten hin. Er hob besonders den Bologna-Prozeß mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen und die Weiterentwicklung der Fachhochschulen hervor. Als womöglich bedeutendste Veränderung für die Entwicklung der Hochschulen bezeichnete er die stark gestiegenen Studentenzahlen. Die Zahl der Korporationstudenten sei dieser Entwicklung nicht gefolgt. Man könne derzeit nur noch von 1 – 2 % der Studenten ausgehen, die korporiert wären – in Großstädten eher weniger. All dies habe erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Korporationen. Ihre Rolle für den Studenten im Vergleich zu seiner Verantwortung für die Wahrnehmung seines Studiums sei naturgemäß nachrangig. Unter den einschränkenden Bedingungen des Bologna-Prozesses resultiere für die Bünde die Notwendigkeit, sich diesen Bedingungen anzupassen. Prof. Turner warnte die Korporationen davor, sich auf die Traditionspflege zu beschränken. Nach wie vor gebe es an den Hochschulen, deren Schwerpunkt die Lehre und Forschung sei, eine Lücke im Bereich der Erziehung; eine Aufgabe, der sich traditionell die Korporationen gewidmet hätten und die sie nicht vernachlässigen sollten, um nicht als bloße Traditionsvereine zu erstarren. Er wies in diesem Zusammenhang auf die Seminarangebote der Verbände hin, die Beiträge zur Persönlichkeitsentwicklung der Studenten leisten könnten.
Die Würdigung des Universitätsjubiläums nahm der Vorsitzende der VHA, Ernst Riechert (KSCV), vor. Er stellte die Vorgeschichte der jungen Hamburger Universität dar und beschrieb die Umstände ihrer Gründung unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg. Die Veränderung der Mehrheitsverhältnisse in der Hamburgischen Bürgerschaft nach Einführung des neuen allgemeinen und gleichen Wahlrechts ermöglichte bereits zwei Wochen nach der ersten Wahl den am 28. März 1919 mit großer Mehrheit erfolgten Beschluß zur Gründung der Universität. Ernst Riechert hob insbesondere die Rollen des ehemaligen Bürgermeisters Werner von Melle und des Kaufmanns Edmund Siemers hervor, der das Hauptgebäude der Universität stiftete.
Die Leitung des Kommerses hatte Philip Högel, aktiver Bursch e.v. L! Hammonia-Marko Natangia, der als junger Student der Universität Hamburg seine Verbundenheit mit der Geschichte der Universität bekundete und souverän durch den Abend führte. Er wies auf das im August begangene 100jährige Jubiläum des Hamburger Waffenrings hin, zu dessen Würdigung es einen Mensurtag gegeben habe. Im Präsidium wurde er flankiert durch zwei ehemalige Studenten aus den 50er und aus den 70er Jahren – also vor und nach dem mit dem Jahr 1968 verbundenen Einschnitt – gravierend nicht nur in der Geschichte der Hamburger Universität, sondern auch der Hamburger Korporationen: Winfried Wagener (S! Holsatia et L! Mecklenburgia) und Friedrich Engelke (B! Obotritia).
Die Hamburger Universität feierte ihr Jubiläum monatelang mit vielen Veranstaltungen. Die Korporationen kamen in der Darstellung der Universitätsgeschichte praktisch nicht vor. Die 68er Zeit wurde – eher sympathisierend – historisch dargestellt. Als „Prunkstück“ wird in einer Ausstellung das Transparent „Unter den Talaren – Muff von tausend Jahren“ gezeigt, das bei der Rektoratsübergabe am 9. November 1967 enthüllt wurde. Tatsächlich war damit die Zeit der Talare an der Hamburger Universität beendet.
Gleichwohl ließen es sich die Hamburger Korporationen nicht nehmen, durch einen Kommers das 100jährige Jubiläum der Universität zu feiern. Korporationsstudenten fühlen sich der Universität Hamburg weiterhin verbunden – auch wenn sie ihren Nachwuchs in Hamburg inzwischen aus vier staatlichen Universitäten und insgesamt mehr als 40 Hochschulen rekrutieren können.

Der Kommers fand auch überregionalen Zuspruch. Neben Hamburger Bünden chargierten drei auswärtige CC-Bünde: aus Berlin die Landsmannschaft Thuringia, aus Rostock die Akademische Landsmannschaft Baltia und aus Kiel die Landsmannschaft Slesvico-Holsatia vereinigt mit Cheruscia. Aus Hamburg chargierten zwei CC-Bünde, die Landsmannschaften Hammonia-Marko Natangia und Mecklenburgia, sowie die KDStV Wiking und der VDSt Straßburg-Hamburg-Rostock.