Grußworte des Coburger Oberbürgermeisters Norbert Tessmer beim Festkommers des 148. Pfingstkongresses
Grußworte des Coburger Oberbürgermeisters Norbert Tessmer beim Festkommers des 148. Pfingstkongresses:
Hohes Präsidium,
verehrte Festcorona,
im Namen ihrer Kongressstadt Coburg überbringe ich auch im Namen meiner Bürgermeisterkollegen Frau Dr. Birgit Weber und Herrn Thomas Nowak die Grüße zum Festkommers anlässlich des 148. Pfingstkongresses des Coburger Convents.
Ich darf sie nun zum dritten Male als neuer Oberbürgermeister, der nunmehr erst zwei Jahre im Amt herzlich grüßen.
Und ich hoffe, dass sie mir zustimmen, dass sich, was die Gastfreundschaft angeht, überhaupt nichts geändert hat.
Coburg und der Convent gehören zusammen, das ist eine gute Tradition und das lassen wir uns auch von niemand ausreden.
Coburg ist eine bunte Stadt, die Coburger Wirtschaft ist international, teilweise weltweit aufgestellt – in unserer Stadt leben Menschen aus über 107 Nationen friedlich miteinander zusammen.
An der Hochschule Coburg studieren junge Menschen aus allen Herrenländern.
Der Coburger Convent trägt mit seinen bunten Farben zu dieser Vielfalt bei.
Da brauchen wir keine Misstöne, woher auch immer sie kommen.
Geistige Auseinandersetzung ja, aber auf keinem Fall Gewalt gegen Personen und Sachen, keine Schmierereien und keine Sachbeschädigungen.
Denn die Freiheit des einen endet dort, wo sie in die Freiheit des anderen eingreift.
Das diesjährige Tagungsmotto lautet: „Fördert Wissen – fordert Handeln – wertvoll für die Gesellschaft“
Lassen sie mich auf den zweiten Teil: „Fordert Handeln“ in aller Kürze etwas näher eingehen.
Unser Land lebt seit 70 Jahre in Frieden und Freiheit. Gemessen an anderen Ländern lässt sich in unserem Land auskömmlich (nicht alle) leben.
Die sozialen Sicherungssysteme sind engmaschig geknüpft, wohl wissend, dass es auch Ausnahmen gibt.
Viele Menschen kommen zu uns, weil sie hier bessere Lebensverhältnisse vermuten
Trotzdem: Die Wahlbeteiligungen, auch bei Kommunalwahlen, gehen in den Keller, eine Art Kernschmelze bei den klassischen Parteien des demokratischen Spektrums findet statt.
Die Deutsche Wirtschaftswoche schrieb vor einiger Zeit:
“Die Deutschen verlieren die Lust an der Demokratie. Bei den Jungen gehört es schon zum guten Ton, Wahlen zu ignorieren“
Die Wahlbeteiligung in Deutschland werde langfristig noch weiter zurückgehen, so eine Studie der Bertelsmann-Stiftung und des Instituts für Demoskopie Allensbach.
Zwar würden die Deutschen von Jahr zu Jahr zufriedener mit ihrem politischen System, doch das Interesse an der Politik gehe vor allem bei den Jüngeren immer weiter zurück, so die Studie.
Hier stimmt irgendetwas nicht.
Zum politischen Alltag gehören jetzt solche Vorkommnisse, dass man vor dem Wahlkreisbüro von Angela Merkel (CDU) in Stralsund einen Schweinekopf mit beleidigender Aufschrift ablegt oder der Bundesjustizminister am 1. Mai bei seiner Rede massiv gestört wird.
Das sind nur Ausschnitte von gesellschaftlichen Folgen einer 40-jährigen Diktatur.
Wir erinnern uns.
Nur wenige Kilometer von hier endete noch 1990 die freie Welt an einem Zaun.
Keine Opposition, keine Presse- und Meinungsfreiheit, keine Gewaltenteilung, keine Wahlen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen, dafür Sperrgebiete, vermintes Land, Zäune, Tristesse, Bespitzelungen einer allgegenwärtigen Staatssicherheit, Drangsalierung von Menschen waren an der Tagesordnung, Biografien wurden beschädigt, den Menschen die Selbstbestimmung genommen und jede Menge Zwänge verordnet.
Handeln beschränkte sich auf das vom Staat gewollte Handeln.
Hat man das alles vergessen?
Ist das Erreichte nicht gut genug?
Lässt etwa das Interesse nach?
Ist es Bequemlichkeit, ist es Frust?
Fragen über Fragen, die zum Handeln auffordern.
Die Gegner unserer verfassungsmäßigen Ordnung sowohl im linken als auch im rechten Spektrum, die Gegner, die eine andere Republik haben wollen, sie gehen nicht nur um die Rathäuser und Landtage – nein – sie sitzen teilweise schon drin.
Da darf die Forderung zum Handeln, nämlich für diesen Staat, für seine Stabilität einmal mehr einzutreten, nicht überhört werden.
Es ist auch an der Zeit zum Handeln aufzufordern, dass das was nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wiedervereinigung – bei allen Problemen – geschaffen wurde gegen Angriffe zu verteidigen.
Es ist Zeit zum Handeln aller gesellschaftlichen Kräfte in der Krise und in unruhigen Zeiten zusammen zu stehen, da gehören die akademischen Verbände zweifelsohne mit dazu.
Der CC tut auch gut daran, dieses Thema aufzugreifen und zu Diskussionen anzuregen. Er tut gut daran zu erinnern, das man das Erreichte auch bewahren, pflegen und stärken muss, dass es keine Rückfälle in vergangene Zeiten und Verhältnisse geben darf, aber wo es angezeigt auch Veränderungen stattfinden müssen
Ja Handeln aller demokratischen Kräfte über die bloße Pflichterfüllung hinaus ist angesagt, ganz im Sinne eines alten Studentenlieds, das 1894 vom schwäbischen Heimatdichter Cäsar Flaischlen verfasst wurde, in dem es heißt:
„Nicht der Pflicht nur zu genügen, was sie fordert und verlangt,
nicht der Stunde nur zu leben, was sie nimmt und was sie dankt“.
Wird so gehandelt, dann ist es in der Tat gut für die Gesellschaft.