Rede zum Festkommers zum 150. Pfingstkongresses 2018
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Tessmer,
sehr geehrte Gäste,
werte Farben- und Waffenbrüder,
werte Verbandsbrüder, liebe Bundesbrüder,
exakt 49 Jahre ist es her, dass einer der Fusionsbünde meiner lieben Turnerschaft das Präsid in unserem Verband innehatte. Damals unter dem Motto „Jung und Alt gemeinsam“ wurde versucht, eine aktuelle Problematik aufzugreifen. Seinerzeit sah sich das Korporationswesen mit der Bewältigung der Kriegslücke konfrontiert. Von derartigen Problemen müssen wir im Europa des 21. Jahrhunderts zu unser aller Segen nicht mehr sprechen. Heute liegen jedoch neue Herausforderungen vor unserer Haustür. Wie auch schon 1969 nutzt meine liebe Turnerschaft auch in diesem Präsidialjahr ein Motto, dass diese Probleme charakterisiert und thematisiert:
„Heimat bieten, Werte vermitteln, Neues bewirken“.
Unser Motto erfreut sich größtmöglicher Aktualität. Es beschreibt eine wesentliche Aufgabe von Studentenverbindungen, stellt das Fundament unseres Erfolges dar, und kann einen Weg in unsere Zukunft aufzeigen. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bünde und unseres Verbandes ist dabei die zentrale Herausforderung, der wir uns stellen müssen.
Werte Festcorona, erlauben Sie mir, Sie mit auf eine Reise durch unsere Vergangenheit bis zum heutigen Tag einzuladen, um die Bedeutung dieses Mottos aufzuzeigen.
Warum erlebten studentische Verbindungen Anfang des 19. Jahrhunderts eine Renaissance?
• Landsmannschaften wollten Heimat bieten,
• Turnerschaften pflegten Gedanken der körperlichen Ertüchtigung,
• Burschenschaften strebten einen vereinten deutschen Nationalstaat an,
• Es herrschten Aufbruchsstimmung, gesellschaftliche Veränderung, Innovation, Selbstbestimmung
Kurzum: Verbindungen sind aus einem gestalterischen Gedanken heraus entstanden.
Eine ähnliche Aufbruchsstimmung wie Anfang des 19. Jahrhunderts herrschte nach Ende des 1. Weltkrieges. Doch hielt diese nicht lange an, da unsere Landsmannschaften und Turnerschaften sich nicht vom Nationalsozialismus einverleiben ließen und stattdessen suspendierten.
Noch im Jahre 1949 erklärte die Westdeutsche Rektorenkonferenz in Tübingen – Zitat: „Im Bilde der kommenden studentischen Gemeinschaft wird kein Platz mehr sein für Veranstaltungen von Mensuren, die Behauptung eines besonderen Ehrbegriffs, die Abhaltung geistloser und lärmender Massengelage, die Ausübung einer unfreiheitlichen Vereinsdisziplin und das öffentliche Tragen von Farben.“
Nun, meine Herren Verbandsbrüder, wir haben Sie eines Besseren belehrt.
Groß war die Freude und Aufbruchstimmung als die zwei Säulen meines heutigen Bundes, die Turnrschaft Normanno-Palatia und die Landsmannschaft Alemanno-Bavaria wieder gegründet und der Aktivenbetrieb erneut aufgenommen wurde. Ich erinnere mich noch gut an meine Fuxenzeit, in der sich viele Alte Herren gerne die Zeit genommen haben, um dem jungen Fuxen über die Gründungsphase und die damit verbundenen, enormen Anstrengungen zu berichten, die nötig waren, um eine Aktivitas zu etablieren und den Verbindungsbetrieb erneut zu beleben.
Diese Anstrengungen werden deutlich, wenn man exemplarisch einen Blick in die Geschichte meines Bundes wirft. Ihren Ursprung hat meine liebe Turnerschaft Alemanno-Palatia zu Erlangen-Nürnberg im Pharmazeutisch-Naturwissenschaftlichen Verein, der am 18. Dezember 1843 in Jena gegründet wurde. Hieraus ging die Turnerschaft Normannia zu Jena hervor, die sich in der NS-Zeit 1936 als aktive Turnerschaft selbst auflöste. Nach dem Zweiten Weltkrieg war aufgrund der politischen Situation eine Wiederaufmachung in Jena nicht durchführbar. Weitsichtig beschlossen die Altherrenschaften der Turnerschaft Normannia Jena und der Turnerschaft Palatia Erlangen zu fusionieren und in Erlangen einen Gemeinschaftsbund zu gründen. Die Turnerschaft Normanno-Palatia war geboren und trat mit ihrer Gründung 1952 auch direkt in den CC ein. Ein wichtiger Meilenstein in der weiteren Entwicklung zum heutigen Bund war im Jahr 2005 die „Fusion von Freunden“ der Turnerschaft Normanno-Palatia Erlangen mit der Landsmannschaft Alemanno-Bavaria Nürnberg.
Wie der Name schon erahnen lässt, hatte auch die Landsmannschaft Alemanno-Bavaria ihre individuelle Vorgeschichte. 1906 als Akademisch-Brautechnischer Verein zu Berlin gegründet, ging aus ihr die Landsmannschaft Alemannia Berlin zu Weihenstephan hervor. Als diese 1967 auch an ihrem letzten Standort suspendieren musste, wurde damals händeringend ein Partner zur Fusion gesucht. Ein Mitglied der VACC Nürnberg, Vbr. Richard Huelsz, vermittelte damals den Kontakt zur Freien Landsmannschaft Teuto-Bavaria, die sich schon seit geraumer Zeit um Aufnahme in den CC bemühte. Im Jahr 1968 entstand so die Landsmannschaft Alemanno-Bavaria Nürnberg.
Unser Wahlspruch „In amicitia firmitas“ – „In Freundschaft fest verbunden“ und das seit der Präsidialzeit 1968 gelebte Motto „Jung und Alt gemeinsam“ bilden ein ideelles Band, das unsere zahlenmäßig große Aktivitas und die Altherrenschaft vereint. 13 Jahre nach dieser Fusion können wir nun auf eine erfolgreiche Bewältigung einer schwierigen Aufgabe zurückblicken. Die Überwindung von Grenzen ist seitdem ein zentraler Bestandteil der Philosophie unseres gemeinsamen neuen Bundes.
Werte Festcorona, anhand dieses kurzen historischen Aufrisses sehen Sie, dass sich unsere Verbindungen, die hier versammelt sind, über die vielen Jahre durch Aufbruchsstimmung, Innovation, Selbstbestimmung und gestalterische Kraft ausgezeichnet haben, was ihnen letztlich das Überleben über die letzten 150 Jahre ermöglicht hat.
Das 150. Jubiläum unseres Dachverbandes sollte uns daher Anlass sein, uns selbst folgende Fragen zu stellen: Welche Werte haben wir bisher vermittelt, vermitteln wir derzeit und welche wollen wir in Zukunft vermitteln?
Annähernd 50 Jahre sind vergangen seitdem das letzte Mal die CC-Standarte und damit das Präsid an meinen Bund übergeben wurde. In den letzten 50 Jahren hat sich vieles verändert, denn unsere Welt unterliegt einem stetigen Wandel. Beispielhaft sei an dieser Stelle die Erweiterung der Europäischen Union im Jahre 1973 genannt, bei der Irland, Dänemark und das Vereinigte Königreich die Zahl der Mitgliedsstaaten auf 9 anwuchsen ließ. Heute sind es 28 Staaten, die sich unter dem Dach der Freiheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie mit dem Wahlspruch „In Vielfalt geeint“ zusammen geschlossen haben. Doch auch hier stehen die nächsten Veränderungen schon vor der Haustür. Unsere Nation wurde in den vergangenen 50 Jahren wiedervereinigt und ich denke, als Mitglieder des Coburger Convent stimmen Sie mir zu, auch unsere Bünde haben sich in dieser Zeit verändert. Selbst der so wichtige Begriff Heimat als Säule unserer Bünde, lässt heute viel Spielraum für Interpretation. Seine Bedeutung mag sich in den letzten 50 Jahren ebenfalls verändert haben, jedoch stand er bereits im Mittelpunkt des Mottos 1969 und soll es auch heute wieder sein. Die Heimat ist für viele nicht mehr nur ausschließlich das Vaterland. Heimat wird heute weniger über territorialer Grenzen definiert. Ich bin Deutscher, aber auch Europäer. Vielleicht sind es heute ideologische Grenzen, die unsere Herkunft beschreiben. Wir erleben heute eine Welt, die geprägt ist von der Integration und dem Wandel. Menschen ziehen rund um den Globus, um heute in München und morgen in New York ihren akademischen Abschluss zu erlangen. Ein Sachverhalt auf den auch wir uns einstellen müssen. Heimat bleibt jedoch der Ort, an dem wir uns wohlfühlen. Der Deutsche Germanist und Philosoph Dr. Carl Peter Fröhling hat einmal gesagt: „Gehe in die Welt, um zu erfahren, was Heimat ist.“
Unsere jungen Bundesbrüder fühlen sich dort heimisch, wo Freundschaften entstehen und wachsen, an denen unsere Bünde familiär werden. Wir als Studentenverbindungen bieten natürlich Heimat. Der heimatliche Gedanke, aus dem die Landsmannschaften und die meisten Verbindungen – man muss sich nur die Namen der Verbindungen ansehen – entstanden sind, ist heute aktueller, denn je. In unserer heutigen Zeit, die durch digitalen Autismus geprägt ist, ich schließe mich da nicht aus, ist der direkte Kontakt mit Gleichgesinnten wichtig und ein Gegengewicht gegen die elektronische Isolation. Der direkte Kontakt in einer Studentenverbindung bildet und fördert die soziale Kompetenz, der in unserer Berufswelt eine immer größere Bedeutung bekommt. Defizite in sozialer Kompetenz können bei einer Bewerbung dazu führen, dass der Bewerber die Stelle nicht erhält. Hier können und müssen wir als Bünde Hilfestellung geben. Wir müssen als Konstante in der modernen Welt fungieren. Die Basis für dieses Vorhaben wird auch in Zukunft das gegenseitige Vertrauen und Wertschätzung sein. Dadurch muss es gelingen die jungen, agilen Studenten der nächsten Jahrzehnte fest an uns zu binden und sie für uns zu begeistern. Wir haben mittlerweile einige Bundesbrüder, die nicht als Deutsche geboren wurden. Auch für diese jungen Bundesbrüder stellt unsere Verbindung eine Heimat dar, in der sie sich aufgehoben fühlen, Freundschaft finden und genauso zu uns gehören, wie wir zu Ihnen. Wir müssen Integration als Chance sehen und gemeinsame Erinnerungen schaffen. Sie sind die Grundlage des Lebensbundes.
Das Vermitteln von Werten ist heutzutage wichtiger denn je. Es ist kein Geheimnis, dass unser Nachwuchs immer jünger wird. Auch der Leiter des heutigen Kommerses, der gleichzeitig auch CC-Sprecher und mein Leibfuchs ist, begann sein Studium bereits mit 18 Jahren. Dabei sind die Studenten nicht nur jünger, sondern auch in allen Bereichen des Lebens oftmals unerfahrener. Dies ist zwar ein wachsendes Problem bei der Nachwuchsarbeit, aber auch eine Chance für unsere Bünde. Diese Chance sollten wir ergreifen, unseren Erziehungsauftrag wahrnehmen und ernst gestalten. Doch lassen Sie mich Ihnen zunächst folgende Fragen stellen: Was ist überhaupt ein „Wert“? Und was genau soll „Werte vermitteln“ bedeuten?
Einfach ausgedrückt entsteht ein Wert zunächst einmal aus einer Wertung heraus. Durch Wertung entscheiden wir als Bund, als Verband, als Gesellschaft welcher Wert wichtiger ist als ein anderer. Diese Wertung ist aber keine bewusste Entscheidung. Es ist vielmehr ein passives Ergriffensein auf Grund einer vordefinierten, unterbewussten Prägung, die sich vor allem durch unsere Erziehung, Religion und Kultur in uns entwickelt hat. Wertevorstellungen sind daher keine oberflächlichen Bewertungen, die wir bewusst je nach Situation treffen können. Werte sind vielmehr emotional beladene, tief in uns verwurzelte Vorstellungen über das „Wertvolle“ und „Wünschenswerte“. Die Wertebindungen in unserem Denken beeinflussen unsere Taten und unsere Taten prägen unsere Kultur. Oder lassen Sie es mich anders ausdrücken: Werte sind das Fundament einer Gesellschaft und damit auch unseres Verbandes.
Es ist daher unsere gesellschaftliche Pflicht unsere Werte an die nächste Generation weiter zu geben – Getreu dem Motto: „Werte kann man nicht lehren, sondern nur vorleben.“ (Zitat Viktor Emil Frankl; Neurologe; 1905 – 1997)
Besonnenheit, Aufrichtigkeit, Teamgeist, Solidarität, Geselligkeit, Tüchtigkeit und Treue sind nicht nur wichtige Aspekte für das spätere Berufsleben. Sie sind auch die Wertesäulen unserer Bünde. Grade diese gilt es daher auch aktiv zu leben und zu vermitteln. Übernahme von Verantwortung und der offene Austausch zwischen Bundesbrüdern sind dabei von essentieller Bedeutung. Es ist die Interaktion zwischen Bundesbrüdern, die bedeutsam ist, um Grenzen zu erkennen und die individuellen Potenziale des Einzelnen in unseren Reihen zu fordern und zu fördern. Der Mensurstandpunkt ist in diesem Zusammenhang als Konstante zu identifizieren, die das Wirken unserer Komponenten ermöglicht. Die Geschichte zeigt, dass die Mensur zum Selbstzweck geworden ist und ein wesentliches Mittel der Reifung, Prägung und Erziehung der Bundesbrüder darstellt. Sie dient dazu, den Zusammenhalt untereinander und zu Mitgliedern anderer Korporationen zu entwickeln und zu stärken. Trotz aller schützender Bandagen gehört Mut dazu, auf Schlägerlänge dem Gleichgesinnten „Auge in Auge“ gegenüberzutreten, sich im Rahmen der vorgegebenen Regeln zu bewegen und viel innere Ruhe und Konzentration will aufgebracht werden, um den drohenden Hieben des Gegners nicht auszuweichen. Eine solche Extremsituation fördert die Selbstüberwindung und die Selbstbeherrschung und soll die Achtung vor sich selbst und dem Gegenüber stärken. Es ist eine uns alle verbindende Tradition. An dieser Stelle möchte ich kurz aus dem Artikel „150 Jahre Fechten im CC, Denkanstöße für Jung und Alt“ von Verbandsbruder Frederik Haas aus den CC Blättern 1-2018 zitieren: „Allen gemeinsam ist sicherlich das Hochgefühl nach bestandener Mensur, das Erkennen, mehr leisten zu können, als man sich zugetraut hat, also das Meistern einer Aufgabe.“
Mensur erzieht zur Haltung, „nicht zu kneifen“, sich einer Aufgabe zu stellen. Dies sind ganz wichtige Charaktereigenschaften, die wir vermitteln können und vermitteln müssen!
Neben der Aufgabe unseren Aktiven Heimat zu bieten und Werte zu vermitteln, müssen wir unseren jungen Mitgliedern ein erfolgreiches Studium ermöglichen und in Ihnen den Ehrgeiz wecken, der Beste zu sein. Unser Korporationswesen lebt von der Dynamik seiner eigenen Subkultur. Das Lebensbundprinzip fungiert hierbei als wichtigster Treiber. Es ist Zeit, diese Treibkraft wieder zu mobilisieren und mit Inhalt zu füllen. Wir haben auch in Zukunft den Anspruch weltoffene, tolerante Mitglieder der Gesellschaft zu formen. Dies darf kein Widerspruch zu unserer Nation, Kultur und Tradition sein.
Für mich ist der wichtigste Wert, den unsere heutigen Verbindungen vermitteln, die praktizierte Demokratie, wie sie durch die Convente ausgeübt wird. Ich habe zwar im Geschichtsunterricht gelernt, wie Demokratie im alten Griechenland entstanden und ausgeübt worden ist, habe Cicero und seine Staatstheorien im Lateinunterricht kennen gelernt, aber wie sich Demokratie anfühlt, wie sie praktiziert wird, das habe ich erst in meiner Verbindung durch die wöchentlich stattfindenden Convente und Generalconvente erfahren. Diese demokratischen Formen finden sich auch auf unserer Verbandsebene wieder – und das ist gut so! Mit dem Coburger General Convent haben wir eine Möglichkeit geschaffen, „Jung und Alt gemeinsam“ in die Form einer Verfassung zu gießen. Dieses Prinzip der gelebten Demokratie gilt es zu bewahren und unseren jungen Bundesbrüdern zu vermitteln.
Werte Festcorona, nun habe ich Ihnen in den vergangenen Minuten dargelegt, wie ideal Verbindungen und unser Verband sind. Das ist alles richtig und stimmig, es findet leider nur mehr und mehr im Verborgenen statt. In der Öffentlichkeit werden wir kaum wahrgenommen, und wenn, dann als ewig Gestrige oder leider auch als rechte Gruppierungen dargestellt. In diese Ecke dürfen wir uns keinesfalls drängen lassen. Bei aller Fröhlichkeit dürfen wir unsere gesellschaftliche Verantwortung nicht vergessen. Wir müssen uns als gesellschaftliche Gruppe definieren und politische Verantwortung übernehmen. Dies ist nicht im Sinne von Parteipolitik zu verstehen, sondern darin, dass wir die Werte, die wir leben und für richtig halten, vermitteln. Wir müssen mit Öffentlichkeitsarbeit und Präsenz auf uns aufmerksam machen, der Verband und die Verbindungen im Einzelnen unseren Elfenbeinturm verlassen. Warum nicht Diskussionsforen mit den örtlichen Parteien gründen, wieder einmal Bürgerfeste ausrichten, wie man es aus Erzählungen von Alten Herren kennt oder einfach nur zum Tag der offenen Tür aufs eigene Verbindungshaus einladen?
Denn, werte Verbandsbrüder, wie ich vorher ausgeführt habe, sind wir nicht die ewig Gestrigen! Unsere Verbindungen haben sich schon seit ihrer Gründung durch Innovation ausgezeichnet. Unsere Bünde sind zutiefst demokratisch und haben nichts mit autokratischen Strukturen gemein!
Wir dürfen nicht ablassen von unseren Werten, die unserer Verbindung und unseren Dachverband das Überleben gesichert haben – seit 150 Jahren!
Heimat bieten – Werte vermitteln – Das Ende des Dreiklanges: Neues Bewirken „Probleme kann man niemals mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ (Albert Einstein 1879-1955)
In unserer heutigen Gesellschaft liegt es an uns, unsere Bünde und alle seine Komponenten stets neu zu erfinden. Blickt man in die Geschäftswelt wird schnell klar, dass Unternehmen diesen Gedanken bereits umsetzen. Die Digitale Transformation der Neuzeit zwingt diese auf neue Anforderungen der Kunden zu reagieren. Überträgt man dieses Modell auf unsere Bünde oder gar unseren Verband, sind auch wir in der Pflicht, im Zuge einer zukunftsorientierten Arbeit auf die neuen Anforderungen unserer jungen Studenten und Mitglieder zu reagieren. Wir müssen agiler werden und schneller auf Trends reagieren. Es braucht innovationsbewusste Mitglieder in Schlüsselpositionen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Dazu müssen unsere Stärken sinnvoll platziert werden. Es ist notwendig einen Mittelweg zwischen Tradition und Neuem zu gehen. Alte Vorgehensweisen müssen aufgebrochen werden, um als Wegweiser für unsere Zukunft zu agieren. Potenziale müssen gefördert und Ideen in den Mittelpunkt unserer Diskussion gestellt werden.
Werte Festcorona, wenn ich mir unsere Innovationsfähigkeit derzeit ansehe, sehe ich an vielen Stellen leider mehr Stagnation als Fortschritt. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich fordere nicht Fortschritt um des Fortschritts Willen, so wie viele Unternehmen jedes Jahr mehr Umsatz und Rendite erreichen müssen. Es geht mir um substantielle Weiterentwicklung unserer Verbindungen und des Verbandes. Die Welt dreht sich weiter und mit ihr zentrale Fragen unserer Gesellschaft, denen auch wir uns stellen müssen. Beispielhaft sei an dieser Stelle die Integration von Frauen gleichberechtigt in alle gesellschaftliche Strukturen genannt. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich berichten, dass wir, als wir letztes Jahr unser Stiftungsfest in Coburg gefeiert haben, unsere Stiftungsfestkneipe gemeinsam mit unseren Damen erleben durften. Es herrschte eine beeindruckende Stimmung und hat Mut zu mehr gemacht. Unsere Damen verdienen gleichberechtigte Karrierechancen, gleiche Entlohnung und ein Umgang auf Augenhöhe. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Bünde und das sollten wir auch so kommunizieren. Sie geben uns neben unseren Bundesbrüdern Rückhalt, nehmen uns manchmal ganz bewusst auch die ein oder andere Fuxenstunde ab und halten uns den Rücken frei, wenn wir mal wieder wegen eines Pauktages oder einer Kneipe Zeit auf dem Verbindungshaus verbringen.
Werte Verbandsbrüder, wir sind alles andere als frauenfeindlich und werden doch auch dieses Vorurteil nicht los. Was wir mehr brauchen denn je, ist eine öffentlichkeitswirksamere Inszenierung unserer Inhalte, unter dem Einsatz modernster Kommunikationsmittel. Wege dorthin sind erkennbar, stellen doch eine Reihe von Bünden, auch einzelne Verbände, sich auf Homepages und sozialen Netzwerken sehr gut dar. Doch erst eine gesamtgesellschaftlich wirksame, auf positive Positionierung ausgerichtete Änderung des Images der Korporationen kann erfolgreich sein. Dafür müssen wir keinesfalls unsere Tradition und Identitäten aufgeben. Denn unserer Wahlspruch „Ehre, Freiheit, Freundschaft, Vaterland“ und dessen Inhalte sind aktueller denn je. Die Auslegung muss jedoch in unsere Zeit portiert werden.
Der FDP-Politiker Rainer Brüderle hat einmal gesagt: „Wenn Europa auch in Zukunft seine Freiheit, seinen Wohlstand und seine kulturellen Identitäten erhalten will, muss es ein kraftvoller Pol in der neuen Weltordnung sein. Dazu muss Europa seine gemeinsamen Interessen definieren.“ Ich denke, selbiges Prinzip müssen auch wir im Verband umsetzen. Der Coburger Convent sollte sich als kraftvoller Pol in unserer Gesellschaft etablieren. Nutzen wir unsere Potenziale, indem wir die notwendige Diskussion anstoßen, führen und ein Mehrwert für unsere Verbandsbrüder und unsere Gesellschaft liefern.
„Der Preis des Erfolges ist Hingabe, harte Arbeit und unablässiger Einsatz für das, was man erreichen will.“ – Frank Lloyd Wright, amerikanischer Schriftsteller und Architekt.
Werte Festcorona, wir bewirken nichts „Neues“ für uns selbst. Wir müssen uns bemühen, Neues und Besseres für unsere jungen Bundesbrüder und Kinder zu bewirken, damit wir Ihnen auch zukünftig eine lebenswerte und wertvolle Heimat bieten können. Wir haben in der Vergangenheit um unsere Werte gekämpft und werden dies auch zukünftig tun müssen. Hierbei bedarf es mehr als nur Lippenbekenntnisse. Denn wie ein Sprichwort so schön sagt, wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein. Stehen wir also ab heute gemeinsam auf und zeigen den Willen unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.
Henry Ford hat einmal gesagt, „Zusammenkommen ist ein Beginn, zusammenbleiben ist ein Fortschritt, zusammenarbeiten ist ein Erfolg.“
Liebe Verbandsbrüder, lassen Sie uns mit Herz und Verstand Heimat bieten, Werte vermitteln und Neues bewirken. Lassen Sie uns diesen Weg hier und heute beginnen. Das 150. Jubiläum unseres Verbandes ist hierfür eine einmalige Chance.
Werte Festcorona, als erste Amtshandlung auf diesem neuen Weg bitte ich Sie nun Ihr Glas zu erheben und gemeinsam auf ein vivat, crescat, floriat, des Coburger Conventes, seiner Verbindungen und unseres Vaterlandes anzustoßen. Und denken Sie daran: „Traditionen haben viele, unsere kann Zukunft gestalten.“
M. Sc. Georg Janick Meyer
Turnerschaft im CC Alemanno-Palatia zu Erlangen-Nürnberg